Fußball im Spiegel der Völkerverständigung
Fußball ist mehr als ein 1:0. Manchmal ist er auch ein 3:10. Immer aber ist er integrativer Bestandteil einer integren integrativen Gesellschaft auch und gerade einer Gesellschaft, deren integrative Integrität immer zweifelhafter wird. Aber um seine soziale Verantwortung zu wissen ist noch lange nicht gleichbedeutend damit, sich ihr auch bewusst zu stellen.
Anders in einer der Keimzellen Hanseatischer Freizeitfußballkultur, im Nirvana Eimsbüttel United. Hier legt man Wert darauf, schon seit Jahrzehnten gezielt und auf vielfältige Weise oft vernachlässigte Teile der Gesellschaft zu unterstützen. Als größtes und bislang auch schwierigstes Projekt der nunmehr achtzehn Jahre währenden Wirksamkeit des Nirvana Eimsbüttel United erweist sich die Integration etlicher Angehöriger einer oft verfemten und von weiten Teilen der Gesellschaft bewusst der Lächerlichkeit preis gegebenen Minderheit der Schwaben.
Auch bei Nirvana wurden zu Beginn des ambitionierten Vorhabens noch zahlreiche Schwabenwitze zum Besten gegeben, doch mittlerweile lacht hier niemand mehr. Und zwar schon seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht", berichtet Karl Schmidt, DFB-Vizepräsident für sozial- und gesellschaftspolitische Aufgaben. Doch darum geht es schließlich auch nicht. Das Nirvana sieht sich vielmehr im Dienst einer höheren Sache.
Sicherlich, nicht immer verläuft die angestrebte Integration reibungslos. In emotional fordernden Situationen wie z.B. auf dem Fußballplatz, aber auch bei der Bewältigung von Alltagssituationen, ist viel Langmut und Verständnis für die entwurzelten Halbwilden vonnöten. Doch dank geduldiger und gleichzeitig konsequenter Behandlung durch die Integrationsförderer aus dem Hamburger Westen glätten sich die Wogen meist schnell. Die in aller Regel integrationswilligen Südländer streifen den Ballast ihrer Herkunft ab und schlüpfen wieder jene hanseatische Identität zurück, die ihnen beinahe zu einer zweiten Haut geworden ist.
Und nun scheint ein neues Zeitalter in der Geschichte des Nirvana Eimsbüttel United anzubrechen. Seit Monaten verdichten sich Gerüchte, in denen über eine engere Zusammenarbeit des Nirvanas mit dem Deutschen Fußball-Bund spekuliert wird. Demnach hat der DFB großzügige Fördermittel für ein bislang geheimes Projekt zur Verfügung gestellt: die Integration seines schwäbischen Präsidenten ins Nirvana sowie seine unauffällige Entfernung aus allen Ämtern. Nähere Angaben sollen im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich der Austragung des August-Postler-Pokals erfolgen.
Im Elfmeterscheißen sind wir unschlagbar
Der Ball ist rund. Das wahre Sein auch. Der Fußball ist demnach die Manifestation des unsichtbaren wahren Seins in der Welt der Sichtbarkeit. Eine unendliche Wahrheit, die auch in der Lehre des An-Atman zum Ausdruck kommt: Das Fußball spielende Individuum ist nur Schein und Illusion, ist nichts weiter als eine ständig wechselnde Kombination von Daseinsfaktoren. Nur aus deren geordnetem Zusammenwirken ergibt sich die Gesamtheit des bewegten Universums, das Dharma.
Darum habt Acht und merket auf. Nach siebzehn Jahren unermüdlicher Selbstkasteiung und Meditationsaskese, Sojawürstchen und linksgedrehter Yogi-Tees hat Nirwana Eimsbüttel United die nächste Karma-Stufe gezündet. Wir werden unsere Daseinsfaktoren verwirrender kombinieren denn je zuvor, wir werden das wahre Sein leichtfüßig und vehement durch eure noch in der Welt der Sichtbarkeit verwurzelten Säulenbeine treiben, der Hauch der Erkenntnis wird euch an- und umwehen, aber die Tore, die schießen wir, auf dass Atman mit Brahma vereinigt werde, auf dass das Dharma und damit das Ende allen Leidens in der Welt der Wirklichkeiten sichtbar werde.
2000
1999
(2. von
30!!!!)
Der Weltraum - unendliche Weiten.
Wir schreiben das Jahr 1999. Nirvana Eimsbüttel United ist
aufgebrochen, um ferne Fußball-Welten zu entdecken, die noch
nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Seine Mission: In ein fremdes
Universum vordringen und im achten Anlauf endlich das sagenumwobene
Achtelfinale des Freizeitkickerinnen-Turniers zu erreichen. Eine
Herausforderung, an der sich schon Generationen tapferer Nirvanis
Jahr für Jahr versucht haben, doch keiner von Ihnen ist bislang
punkt- und ruhmreich zurückgekehrt. Diesmal wird alles anders
sein: Wir werden erlöst werden. Durch Überwindung der
Laster Haß, Gier und Wahn ist die Uberwindung unseres
kümmerlichen irdischen Fußballer-Daseins möglich,
sagt uns unser Buch der Bücher. Nirwana ist nah, jenseits von
Zeit und Raum werden wir völlig losgelöst eins werden mit
dem absoluten Prinzip des Fußballs, uns vereinen mit den Ahnen,
die als erste in die Mysterien dieses geheimnsivollen Spiels
eingeweiht wurden. Kein Pfosten wird uns bei unserer Mission
aufhalten, kein Libero kann dieVollendung unseres heiligen Auftrags
verhindern. Habt keine Angst, ihr mutigen Bollix, unser Anstoß
wird EuerAnstoß sein; wir nehmen Euch mit auf unserer Reise,
wir treffen uns in einer neuen Welt, in der es keine Fehlpässe,
keine Fehlschüsse, keine Niederlagen mehr gibt. Alles wird gut
sein.
1998 (13.
von 30)
Allerdings wird das Primat des
Nirvana-Prinzips, so schreibt unser Altinternationaler und
Ehrenspielführer Herbert Marcuse im letzten Trainingsplan, die
erschreckende Konvergenz von Lust und Tod, kaum da es begründet
wurde, auch wieder aufgelöst. Wie universell gültig auch
die regressive Tätigkeit des organischen Lebens ist, streben
doch die Triebe ihre Erfüllung in grundsätzlich anderen
Weisen an. Nach elf Jahren der Exegese meinen wir nun: Schluss mit
Jing und Jang! Wir wollen es zwingen und als Sieger wiedergeboren
werden. So sind wir in diesem Jahr erstmals mentalmäßig
voll auf die Kausalität profaner Tor- und Punktarithmetik
eingestellt und werden die Gummistiefel einen Zacken fester
schnüren. Und für den diesjährigen Titelgewinn spricht
einiges. Bei dauernd Freud im Training und wahrhaft transzendentalem
Bewusstsein im Spiel wird niemand unser Spiel dort wirklich
stören können, wo es bekanntlich entschieden wird - im
Kopf. Für ein abermaliges Ausscheiden in der Vorrunde spricht
allerdings mehr: läuft die Wirklichkeit des Spiels wie so oft im
Mittelfeld zusammen, so werden wir wohl Federn lassen müssen.
Denn unser fröhliches Kurzpaßspiel wird durch die einzig
überlieferte Taktik bestimmt, die von unserem weitver(g)reisten
Spielertrainer einst derart brachial ins Feld geschwäbelt worden
ist, dass keiner gewagt hat zu fragen, was denn genau mit Flach
spiele-Hoch gewin(d)e gemeint sei. Heute versuchen wir allerdings,
auch bei strömendem Regen den Ball in den Himmel zu schrauben.
Aber nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und so bleiben wir immer durch
die Worte getröstet, die der legendäre linke Läufer
Ernst (Hubert) Bloch in Kapitel 13 unserer dreibändigen Satzung
verewigt hat: Hoffnung ... steht jenem Appetitus im Gemüt, den
das Subjekt nicht nur hat, sondern aus dem es, als unerfülltes,
noch wesentlich besteht. Lange Haare, kurzer Sinn: das ist im Prinzip
Nirvana. Und: Gruß an unsere kongenialen Trainingspartner mit
dem unaussprechlichen englischen Namen. Wir sehen uns im Endspiel
(spätestens zwei Wochen drauf).
1997
Ja meine Damen und Herren ganz recht hat der Rubi 91 Minuten sind gespielt hier in Eimsbüttel auf dem Rotgrandplatz dem legendären am Eidelstedter Weg ein Wohngebiet der einfachen Leute aber einfach ist das keineswegs was sich hier tut vor unserer Kabine nein davon kann keine Rede sein da wird Fußball nicht gespielt da gibt es keine Leichtigkeit des Seins nein Nirwana Eimsbüttel United diese Underdogs des Hamburger Hobbyfußballs oder sollte ich sagen diese vermeintlichen Underdogs diese Mannschaft die sich nie dem Leistungsdenken dem schnöden aber jetzt aufgepaßt da geht er durch der Eggers geht da durch hat der eine Ballführung da an der linken Seite jetzt muß die Flanke kommen deVries kommt in der Mitte deVries wartet frei steht er da und jetzt gibt er ihn rein deVries Kopfball da ist es meine Damen und Herren da ist es das 20 zu 19 der erlösende Treffer und wie er das gemacht hat der kleine Mann mit dem Zöpfchen das tat einen kurzen aber heftigen Schlenker und da war er drin da war er drin im Kasten und nun dreht er ab und jetzt läßt sich feiern von seinen Mitspielern im Ernst hat das keiner mehr geglaubt und da ist es aus aus ist das Spiel die Roten siegen verdientermaßen gegen eine weiße Mannschaft die mit viel Glück lange mithalten konnte aber meine Damen und Herren tun sie diese beiden Teams zusammen und Sie erhalten einen fußballerischen Veitstanz wo der Gegner sich vorsehen muß und bei dieser Form bei dieser großartigen Form in der Nirwana sich heute hier präsentiert hat muß dem Team um Stephan Freudenhammer nicht bange sein für das Turnier am 21. Juni da ist die Zwischenrunde allemal drin und was danach kommt weiß nur der Fußballgott ich gebe zurück ins Funkhaus.
1996
(18. von
30)
Wer sind wir?
Eine Vielzahl von Legenden rankt sich um dieses Team, dessen harter Kern bereits länger zusammenspielt, als Otto Rehhagel in Bremen Treiner war.
Der vielleicht nicht plausibelste, immerhin aber ganz schöne Mythos von der Entstehung Nirvanas geht so:
Als in der Mitte der 80er Jahre der allgemeine Utopieverlust auch auf das Fußballspiel durchschlug und sich als uninspirierter, ideenloser Angestelltenkick zusehends materialisierte, tat sich eine kleine militante Minderheit zu sammen, um die Wiedergeburt des schönen Spieis aus dem Geist der Utopie praktisch umzusetzen: Beseeltes, gleichsam chimärisches Kurzpaßspiel, trick- und listenreicher Sturm gegen feindliche Verteidigungsbollwerke, dialektisch anmutende Flügelwechsel, revolutionäre Disziplin bis zur letzten Minute. Mit einem Wort: Fußball an der Grenze des Verlöschens (Sanskrit Nirvana), Psychedelik pur, die Auflösung der Materie und ihr Umschlag in reine und ewige Qualität.
Nirvana was born.
Seitdem trotzt der sich treu bleibende Geist des Nirvana Kollektivs den wechselvollen Zeitläuften. Jahr um Jahr scheiden wir entschlossen in der Vorrunde aus, weichen weisen Teams, die das Siegen nötiger haben als wir. Fußball findet eben im Kopf statt, und “mentalmäßig sind wir unheimlich gut drauf" (A. Möller).
1994
Es waren aber dort Männer auf dem Felde, über die war ein groß Heulen und Zähneklappern gekommen, darum, daß sie nicht zu Rande kamen mit den Pfosten und dem Felde.
Und siehe, der HERR hatte ein Einsehen und ließ vom Himmel fallen einen weißen Ball von eitel Leder, der war gefüllt mit einer Schweinsblase und sprang sehr hoch. Da sprachen die Männer untereinander: "Lasset uns nun spielen und gar fröhlich sein zum Lobe des HERRN! Unser Name aber sei: Nirwana."
Und zur selben Stunde brach an ein
entsetzlich Kicken, daß es grauste der Sau und ihren Ferkeln
und der Himmel riß in zween Teile und die Stimme des HERRN ward
hörbar und der HERR sprach: "Nächsten Sonntag wieder!" Da
wußten die Männer, daß es gut war, und sie gingen
auf einem anderen Weg wieder in ihre Häuser. Durch die
Bevölkerung aber ging ein großes Aufatmen.